Presseinformation der DRK-Kinderklinik Siegen

Die aktuelle Kliniksituation, überdimensionale Energiekosten, zu wenig Pflegepersonal und eine chronische Unterfinanzierung – aktuelle Herausfor- derungen, mit der sich die Verantwortlichen der DRK-Kinderklinik Siegen auseinandersetzen müssen. Die Bundestagsabgeordnete Nezahat Baradari stattete daher der DRK-Kinderklinik Siegen gGmbH einen Besuch ab, um sich bei einem Rundgang einen Überblick über diese und weitere aktuelle Probleme und Herausforderungen zu verschaffen. Zunächst ließ sie sich von Geschäftsführer Carsten Jochum, Markus Pingel (Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Neonatologie sowie der Pädiatrischen Intensivmedizin), Dr. Heiner Ellebracht (Stellvertretender Ärztlicher Direktor und Chefarzt Kinder- und Jugendpsychiatrie), Dr. Gebhard Buchal (Chefarzt Pädiatrie) sowie von Corinna Lemberg (Bereichsleitung Pflege) die aktuelle wirtschaftliche, medizinische und pflegerische Situation schildern.

, Baradari zu Besuch in Siegener Kinderklinik – drängende Fragen und ganzer Einsatz in Berlin
MdB Nezahat Baradari blickte hinter die Kulissen der Siegener Kinderklinik und informierte sich über die aktuelle Problemlage bei der Betriebsleitung. (Von links: Dr. Heiner Ellebracht, Dr. Gebhard Buchal, Markus Pingel, Nezahat Baradari, Carsten Jochum sowie Corinna Lemberg); Foto: Arnd Dickel/DRK-Kinderklinik Siegen gGmbH

„Nun ist es draußen. Und es ist ernüchternd“, brachte Carsten Jochum sein Fazit zum neuen Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Gesundheit zur Finanzierung der Kinder- und Jugendmedizin in Deutschland auf den Punkt. „Die finanziellen Mittel, die die Versorgung der Kinder strukturell verbessern sollen, werden über alle Krankenhäuser, in denen wenige Kinder auch in Erwachsenenabteilungen versorgt werden, verteilt und der Effekt damit verwässert.“ Außerdem sind die bisher in Rede stehenden Größenord- nungen bei weitem nicht ausreichend. Eine Verbesserung der Erlöse um 3-4 Prozent wie bis her vorgeschlagen, gleicht nicht mal die aktuelle Inflation aus, geschweige dass sie die finanziellen Nachteile der Kinderkliniken und
-abteilungen in Deutschland substantiell ausgleichen. Grund genug, für die Siegener Kinderklinik Alarm zu schlagen. Dabei stieß sie bei der Bundestags- abgeordneten Nezahat Baradari auf Verständnis. Die Attendornerin ist selber von Haus aus niedergelassene Kinder- und Jugendärztin und kennt viele Schwierigkeiten aus erster Hand. „Wir brauchen gerade für die Pädiatrie einen besonderen Bestandsschutz, um eine Zukunftsperspektive zu haben“, forderte Baradari vehement. „Kinder- und Jugendmedizin hat in Berlin leider oft keine richtige Lobby – das muss sich ändern.“

Unverhältnismäßig hohe Energiekosten, zu wenig qualifiziertes Personal und eine chronische Unterfinanzierung – alles Probleme, mit denen die Siegener Kinderklinik kämpfen muss. „Das Eckpunktepapier des BMG ist als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet“, so Markus Pingel. Das Eckpunkte- papier bleibt in der DRG-Systematik hängen und weist laut Pingel keine differenzierenden Strukturkriterien auf. Überdies ist die Regelung, die ja als Übergangslösung bis zur großen KH-Reform in zwei Jahren gedacht ist, unnötig kompliziert. Man hätte den Effekt mit einem pro Fall gezahlten
gestaffelten Zuschlag, der sich in der Höhe zum Beispiel am Versorgungs- umfang der jeweiligen Klinik orientiert hätte, mit einfacheren Mitteln erreicht.“ Die Mitarbeiter der Kinderklinik sind sich einig: Das vorgelegte System baut unnötige bürokratische Hürden auf. „Das Gesamtvolumen von zusätzlich 300 Millionen Euro ist gemessen an der Gesamtausgabe Gesundheit von circa 10 Milliarden Euro sehr gering“, fügen Dr. Gebhard Buchal und Dr. Heiner Ellebracht ergänzend hinzu. „Zur Finanzierung der Kinderkliniken benötigen wir circa 8 Prozent der Gesamtausgaben und somit circa 740 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich!“ Und was hinzukommt: Die Strukturqualität der Kinder- kliniken mit ihren Spezialisierungen – wie Gastroenterologie, Pulmologie, Endokrinologie, Rheumatologie, etc. – sind in keiner Weise berücksichtigt, zumal diese zunehmend im ambulanten Setting abgebildet werden.

In der Pflege sieht es ähnlich aus, wie Corinna Lemberg ergänzend hinzufügt
„Die generalistische Ausbildung – eingeführt in 2020 – hält nicht das, was sie versprochen hat, nämlich mehr Menschen für die Pflege zu gewinnen. Kinder sind keine kleinen Erwachsenen und benötigen eine ganz andere Aufmerk- samkeit und Pflege. Leider ist entsprechendes Pflegepersonal – egal, ob Ärzte oder Pflegekräfte – gerade im ländlich strukturierten Raum immer schwerer zu bekommen. Ein Problem, dass seit Jahren bekannt ist, sich aber immer weiter zuspitzt. „Auch darauf müssen wir aufmerksam machen und gemeinsam kämpfen. Das wird leider nicht von heute auf morgen gehen – denn im Parlament braucht man nun einmal die parlamentarische Mehrheit“, so Nezahat Baradari. Aber sie werde sich nicht entmutigen lassen und weitere Abgeordnete überzeugen, mehr Gewicht auch auf die gesundheitli- che Versorgung von Kindern und Jugendlichen zu legen.

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