Wie und wo steht Deutschland wirtschaftlich nach der Bundestagswahl in Europa und der Welt? Eine der vielen Fragen, die Vertreter heimischer Wirtschaftsunternehmen, Bürgermeister aus Attendorn, Lüdenscheid und Freudenberg sowie Kommunalpolitiker der SPD am Mittwoch im EssBahnhof Grevenbrück dem ehemaligen Bundeswirtschafts-, Außen- und Umweltminister Sigmar Gabriel stellten. Und der hatte eine klare Antwort: Deutschland wird einer der wenigen Staaten in Europa sein, der auch nach der zurückliegenden Pandemiezeit gestärkt aus der wirtschaftlichen Krise hervorgeht. Und Staaten, die vor der Krise schon geschwächelt hätten, hätten es künftig noch schwerer.

Nezahat Baradari - Sigmar Gabriel - Willi Brase
(v.l.): Nezahat Baradari MdB, Sigmar Gabriel und der ehemaligen Bundestagsabgeordnete Willy Brase.

Zuvor aber hatte der ehemalige Bundesminister ein Lob für die heimische Region: Hier seien die Unternehmen noch alle gut aufgestellt. Die aber übten Kritik an der Politik, die zu oft Dinge einseitig festlege, ohne auf die Bedürfnisse vor Ort einzugehen. So sei es nicht nachvollziehbar, europäische Stahlerzeugnisse zu schützen und trotz Materialknappheit Importe aus China zu erschweren.

Mit Blick auf die oft zu lang andauernden Genehmigungsverfahren beispielsweise bei Industriegebieten oder Neubauten von Straßen und Brücken wünscht sich Gabriel, dass auch hier die künftige Bundesregierung, die seinem Wunsch nach von Olaf Scholz angeführt wird, mehr Bürokratieabbau wagt und schnellere Genehmigungsverfahren ermöglicht. In China würde innerhalb weniger Jahre ein Flughafen gebaut, in Deutschland war der BER bereits bei seiner Eröffnung ein „Flughafenmuseum“, so Gabriel ironisch.

Ein Unternehmer zeigte deutlich auf, mit welchen Problemen innovative Unternehmen beispielsweise im Bereich von Rohrverlegungen zu kämpfen haben: Die angewandte Technik scheint bei öffentlichen Ausschreibungen zunächst teurer als offene Grabenverlegung zu sein, aber auf die Abschreibungszeiten sei da kein Unterschied mehr auszumachen. Dennoch würde trotz des digitalen Hinterherhinkens die vorhandene Technik zum Verlegen von Internetleitungen nicht eingesetzt. Von den Rathäusern hieße es: „Das haben wir schon immer so gemacht, der neuen Technik vertrauen wir noch nicht“.

Auch dazu wusste Gabriel etwas zu sagen: In vielen Schulen sei in den letzten Jahren einfach viel zu wenig Digitalisierung vorgenommen worden, teilweise dürfte nur eine Klasse online gehen, weil sonst das Netz zusammenbricht.

„Der Fachkräftemangel ist nicht nur in Südwestfalen ein Problem, sondern bundesweit“, erklärte Gabriel. Die heimische Wirtschaft hält mit guten Löhnen die Menschen vor Ort, und will hier die Arbeitsplätze sichern. Dies sei aber auch nur mit verlässlicher Politik möglich, damit die Produktion nicht ins billigere Ausland verlegt werde.

Der Klimaschutz, den die SPD auf ihre Fahnen geschrieben hat, dürfe aber am Ende nicht nur von Familien und der Oma über die Heizkostenabrechnung bezahlt werden, da müsse es einen Ausgleich geben, betonten Gabriel und Baradari unisono.

Zusammengefasst sieht Gabriel nach der Bundestagswahl die neue Regierung in der Pflicht, sich um die Themen Digitalisierung, Klimaschutz und Demographie zu kümmern. Und mit Blick auf Europa wünscht er sich, dass „Deutschland sich hier nicht als Lehrmeister aufführt“. Nezahat Baradari versprach, sofern sie dem neuen Bundestag angehört, die Anliegen der heimischen Unternehmen mit in den Berliner Gremien zu behandeln.

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